Aufruhr an den Finanzmärkten

An den Weltfinanzmärkten hat sich ein großer Stimmungsumschwung ereignet. Erratische Kursschwankungen nahezu aller gehandelter Anlageklassen deuten an, wie schwerwiegend die derzeitigen amerikanischen Eingriffe in die Architektur der Weltwirtschaft sind.

Rückschritte beim Welthandel wirken überwiegend inflationär und bedeuten für fast alle Beteiligten Wohlstandsverluste. Volkswirtschaftlicher Wohlstand beschränkt sich keineswegs auf Güter und Dienstleistungen. Auch die Finanzmärkte sind ein wichtiger Teil des ökonomischen Puzzles. Dort aber hat es zuletzt Verwerfungen gegeben, die einen Epochenwandel andeuten. Der heftige Kursrückgang beim US-Dollar beschwört die Frage herauf, ob der Status des ´Greenback´ als Weltreservewährung in Gefahr geraten könnte. Es ist bekannt, dass China, Russland, Iran, Brasilien und andere Länder dies wünschen. Kann es aber sein, dass der 47. Präsident der Vereinigten Staaten ebenfalls einen schwächeren US-Dollar befürwortet? Wenngleich die Antwort auf diese Frage aufgrund der Kakophonie des Weißen Hauses noch nicht eindeutig beantwortbar ist, spricht doch manches dafür, dass ein deutlich schwächerer Dollar bei der so dringend angestrebten Senkung des amerikanischen Handelsbilanzdefizits behilflich sein könnte. Entsprechende Äußerungen von Präsident Trump gibt es, wenngleich er an anderer Stelle auch das Gegenteil schon herausposaunt hat. Zudem dürfte sein Ansinnen, Kryptowährungen zur Währungsreserve in den USA zu machen, in diese Richtung zu deuten sein. Freilich fielen die diesbezüglichen bisherigen Handlungen recht mager aus, zumal wenn man das große Tamtam um die Ankündigungen und Versprechungen dazu bedenkt.

Ein schwächerer Dollar wäre aber als Symptom eines schwächelnden Landes zu interpretieren und hätte nicht zuletzt an den Anleihemärkten große Konsequenzen. Denn bekanntlich finanzieren die USA ihre riesigen Defizite über den Bondmarkt, wo eine beträchtliche Anzahl ausländischer Investoren engagiert ist. Historisch gehörten Japan, China und Russland zu den großen Haltern amerikanischer Staatsanleihen. Die Abkehr ausländischer Anleger von Treasuries und dem US-Dollar hätte für die Amerikaner fatale Auswirkungen. Angesichts einer derzeitigen Staatsverschuldung von 36.000.000.000.000 (36 Billionen) Dollar beträgt die jährliche Zinslast mittlerweile über 1.100.000.000.000 Dollar pro Jahr mit steigender Tendenz. Dabei ist noch zu bedenken, dass die US-Notenbank mit gedrucktem Geld der größte Einzelinvestor in solchen Anleihen ist. Ein Zinsanstieg um einen Prozentpunkt erhöht den jährlichen Zinsaufwand um 360.000.000.000 (360 Milliarden) Dollar.

Diese Rechnung erklärt, warum die US-Regierungen einen Großteil ihrer Zollforderungen einstweilen ausgesetzt hat. Wenden sich ausländische Waren und ausländisches Kapital von den USA ab, dann kommt es dort unweigerlich zu einem drastischen Wohlstandsverlust. Dieser fällt noch wesentlich größer aus, sofern börsennotierte amerikanische Unternehmen negativ von der neuen Zollpolitik betroffen sind. Immerhin stammen ca. 60 % aller bei Walmart verkauften Waren aus China! Sofern also amerikanische Aktien unter der drastischen Wende der US-Handelspolitik leiden, werden die Börsenkurse diese Entwicklung über kurz oder lang reflektieren müssen. Da aber die Renten der Amerikaner mehr als in anderen Ländern mit dem Schicksal der Börse verwoben sind, ist auch an dieser Stelle ein Wohlstandsverlust vorprogrammiert.


Aus Chicago

Ihr

Dr. Christoph Bruns