Vor allem der bis vor kurzem besonders wertgeschätzte Halbleitersektor ist deutlich unter die Räder gekommen. Börsenliebling Nvidia liegt gar mit fast 20 % im Minus und folgt damit auf Tesla, die einen Einbruch um ca. 30 % erlebten. Während bei Nvidia das Aufkommen einer recht preisgünstigen chinesischen Künstlichen Intelligenz (KI) für einen Weckruf sorgte, sah sich der kalifornische Hersteller auf Elektroautomobilien sinkenden Marktanteilen gegenüber.
Zu den größeren Verlierern zählen auch die Börsenschwergewichte Apple, Alphabet und Broadcom. Während der iPhone-Hersteller aus dem kalifornischen Cupertino mit seiner eigenen KI-Strategie hadert, bestehen bei Alphabet zum einen Sorgen bezüglich KI-gestützter Suchmaschinen und zum anderen Gefahren hinsichtlich einer Aufspaltung des Marktführers. Demgegenüber geriet der Chip-Hersteller Broadcom in den allgemeinen Abwärtssog der Halbleiterfabrikanten. Wettbewerber wie Arm und AMD mussten ebenfalls Rücksetzer hinnehmen. Ebenso erging es dem größten Auftragsfertiger für Computerchips, der taiwanesischen TSMC.
Die schwindende Beliebtheit des Halbleiter- und Internetsektors an der Börse hellt das Börsenbild in anderen Segmenten auf. Einer gestiegenen Aufmerksamkeit erfreuten sich in den ersten Monaten des Jahres z. B. Aktien aus dem Gesundheits- und Finanzsektor. Vor allem Bankaktien zogen die Gunst der Anleger auf sich. Gerade europäische Finanzinstitute konnten robuste Zuwächse verzeichnen. Das betrifft keineswegs nur Commerzbank und Deutsche Bank, die allerdings gut zulegen konnten. Auch Aktien aus den europäischen Nachbarländern entwickelten sich famos. Zu nennen sind hier z. B. Société Générale aus Frankreich, Banco Santander aus Spanien und Unicredit aus Italien. Selbst britische und irische Kreditinstitute legten prägnant zu. Dabei blieb es jedoch nicht. Der Brokerage-Bereich konnte seinerseits neue Höhen erklimmen. Ob eine Flatexdegiro oder eine Robinhood in den USA. Fast durchweg berichteten finanzmarktnahe Unternehmen von guten Geschäften. Lediglich das Geschäft mit Fusionen und Übernahmen kam nicht so in Fahrt, wie sich dies die Marktteilnehmer noch am Jahresende vorgestellt hatten.
Ähnlich, wenngleich heterogener, sah es im Gesundheitssektor aus. Der amerikanische Krankenhausbetreiber Tenet Healthcare legte seit Jahresbeginn um ca. 50 % zu. Kaum schlechter lief es bei Carl Zeiss Meditec aus Jena. Überhaupt haben sich deutsche Gesundheitsaktien sehr solide geschlagen. Gute Avancen stehen etwa auch bei Drägerwerk, Fresenius, Bayer, Eckert & Ziegler sowie AAP Implantate zu Buche. Freilich gab es auch Ausnahmen von der Aufwärtsentwicklung. Der dänische Pharmariese Novo Nordisk musste seinen Platz als wertvollstes börsennotiertes Unternehmen Europas an SAP abgeben, nachdem der Markt für Fettleibigkeitspillen in schwierigeres Fahrwasser geriet.
Beeindruckend ist, wie viele europäische Aktien in den vergangenen Wochen durch Lebhaftigkeit aufgefallen sind. Die beschriebene Entwicklung dürfte dem Konzept des aktiven Managements etwas Rückenwind verschaffen.
Aus Chicago
Ihr
Dr. Christoph Bruns