Justizsystem der USA beschädigt

Gesetze, die missbraucht werden, schaden dem Rechtsempfinden der Menschen. Der Eindruck einer Justizwillkür hat verheerende Folgen für die allgemeine Rechtstreue. Von dieser Idee leitet sich nicht nur das römische Rechtsbewusstsein ab (Fiat iustitia et pereat mundus!), sondern auch das amerikanische Wir-Gefühl. Kaum ein Tag vergeht, an dem US-Politiker nicht die ´Rule of Law´ und ´hard work´ öffentlich preisen.

Für die Vereinigten Staaten ist das Recht und damit das Justizsystem die gesellschaftliche Klammer des Vielvölkerstaates. In Ermangelung gleicher Herkunft spielt das Recht eine zentrale Rolle für den Zusammenhalt der US-Gesellschaft. Die stetige Migration in die USA seit ihrer Gründung gelingt auch deshalb besser in Amerika, weil die Zuströmenden zu verstehen bekommen, dass sie sich an die US-Gesetzte halten müssen, um Teil der Gesellschaft zu werden.

Daher ist es mehr als ärgerlich, dass Präsident Biden jüngst seinen Sohn Hunter begnadigt hat. Der Eindruck eines Zweiklassenrechts lässt sich kaum bestreiten. Und es wird auch dadurch nicht besser, dass Donald Trump und Bill Clinton ebenfalls dubiose Begnadigungen vornahmen. Größte Prominenz hat jedoch die Begnadigung Richard Nixons durch seinen Nachfolger Gerald Ford im Jahr 1974 gefunden. Insofern erscheint es naheliegend, das in Artikel II der US-Verfassung verankerte Begnadigungsrecht nunmehr ersatzlos zu streichen.

Im Fall Biden kommt noch hinzu, dass der 46. Präsident in der Öffentlichkeit stets verneint hatte, eine Begnadigung für seinen Sohn auch nur in Betracht zu ziehen. Nun sieht die amerikanische Bevölkerung, dass Sie hier hinters Licht geführt wurde und man erinnert sich, dass eine bewusste Täuschung bereits hinsichtlich des labilen Gesundheitszustandes des Präsidenten stattgefunden hatte. Für das Vertrauen der Bürger in die Politik ist das gewiss nicht förderlich und der Demokratischen Partei, die sich gerne als moralisch überlegen geriert, fügt es schweren Image-Schaden zu.

Das amerikanische Rechtssystem erweist sich mitunter auch für die Unternehmen als problematisch. Man muss nur an Bayer denken, um zu sehen, wie exzessiv das Justizsystem genutzt wird. Andere Unternehmen, wie z. B. Philip Morris und BP, haben ähnlich teure Erfahrungen machen müssen. Da in den USA jede Streitpartei ihre eigenen Anwaltskosten trägt, sorgen jahrelange Verfahren nicht selten für Rechtsberatungskosten in Milliardenhöhe. Wer darin eine Art Erpressung sehen möchte, liegt wohl nicht völlig daneben.

Als der deutsche Papst Benedikt im Jahr 2011 im Bundestag eine Rede hielt, zitierte er den Kirchenvater Augustinus mit folgendem Satz: „Nimm das Recht weg, was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande?“  

Dass während der Covid-Zeit in Deutschland die Grundrechte vorübergehend ausgesetzt wurden, hat auch auf Deutschlands Rechtssystem einen dunklen Schatten geworfen. Sic transit gloria mundi!


Aus Chicago

Ihr

Dr. Christoph Bruns