Angesichts der beobachteten Hartnäckigkeit beim allgemeinen Preisauftrieb fällt es vor allem der amerikanischen Zentralbank schwer, hurtig in einen Zinssenkungszyklus einzusteigen. Gleichwohl rechnen wir noch in diesem Jahr mit einem solchen Schritt.
In Europa liegen die Dinge etwas anders, wenngleich sich auch auf dem alten Kontinent Probleme beim Inflationsrückgang gezeigt haben. Zugleich ist die gesamtwirtschaftliche Entwicklungstendenz in Europa deutlich schlechter als in Übersee. Die schwache Konjunktur – nicht zuletzt in Deutschland – veranlasst vor allem Notenbanker aus den Mittelmeeranrainerstaaten zu Forderungen nach Leitzinssenkungen. Allerdings hat die Europäische Zentralbank kein Mandat für Konjunkturstützung. Vielmehr ist die EZB ausweislich ihrer Statuten ausschließlich der Geldwertstabilität verpflichtet. Mit Blick auf die Mehrheitsverhältnisse in der Notenbank spricht aber manches dafür, dass es in der Eurozone im Frühsommer zu einer ersten Leitzinssenkung kommen wird. Wer sich daran erinnert, wie man in der Eurozone mit dem Vertrag von Maastricht verfahren ist und dann noch bedenkt, wie die EZB zur Staatsfinanzierung durch gigantische Anleihekäufe gedrängt wurde, der wird nicht auf Prinzipienfestigkeit im EZB-Turm zu Frankfurt setzen.
Zu der leichten Börsenkorrektur trugen aber keineswegs nur enttäuschte Zinssenkungserwartungen bei, sondern auch eine Litanei vielfältiger Quartalsergebnisse börsennotierter Unternehmen. Dabei stachen einmal mehr die Entwicklungen amerikanischer Mega-Unternehmen heraus. Angestachelt von dem seit Monaten dominanten Trend zu Künstlicher Intelligenz konnten etwa Alphabet und Microsoft starke Dreimonatszahlen präsentieren. Weniger gute Zahlen kamen vom teuersten Autobauer der Welt, Tesla. Angesichts einer ins Alter gekommenen Fahrzeugpalette und sonstiger Probleme musste das Unternehmen signifikante Absatz- und Gewinnrückgänge melden.
Auch in Europa zeigten sich Licht und Schatten. Selbst innerhalb einiger Branchen fiel das Bild heterogen aus. Im Luxusgütersektor geriet Kering unter Abgabedruck, nachdem die Hauptmarke Gucci bitter enttäuschte. Auch Marktprimus LVMH meldete eine ruhigere Gangart beim Produktabsatz. Ganz anders sah es bei der französischen Hermès und der italienischen Prada aus. Beide Unternehmen berichteten über guten Kundenzuspruch. Schwierig zeigte sich die Lage im Chemiesektor, wo Marktführer BASF über verhaltene Branchendynamik berichtete. Derweil klagten die Automobilhersteller VW, BMW und Mercedes über ein schwierigeres Umfeld in China. Dabei ist zu vergegenwärtigen, dass China für die genannten Unternehmen von zentraler Bedeutung ist. Zu den Auffälligkeiten des Monats zählt die schwache Entwicklung bei ASML. Der niederländische Produzent von Maschinen für die Halbleiterindustrie hätte eigentlich von der ins Kraut schießenden Phantasie bei KI-Anwendungen profitieren sollen, legte jedoch ein enttäuschendes Zahlenwerk vor. Anders erging es immerhin der im gleichen Sektor tätigen Süss Microtec aus Garching. Dort sind die Auftragsbücher gefüllt und das Management bleibt optimistisch für die kommenden Monate.
Insgesamt lässt sich jedoch nicht leugnen, dass der Halbleitersektor in einen Korrekturmodus eingemündet ist. Die Kursentwicklungen bei Intel, Micron, Texas Instruments und der taiwanesischen TSMC belegen diesen Trend. Auch in Japan musste der Chip-Sektor zurücksetzen, wie die Kursverläufe von Renesas, Advantest und Tokyo Electron eindrücklich zeigen.
Ihre
Fondsmanager und Mitinvestoren
Dr. Christoph Bruns Ufuk Boydak
Chicago, Frankfurt a.M. am 30.04.2024