Versorger-Aktien eher mau

Während sich die Börsenhausse der vergangenen Monate zuletzt deutlich verbreiterte, geht der Aufschwung an den Energieversorgern weitgehend vorbei. Der größte deutsche Stromversorger RWE aus Essen musste seit Jahresbeginn einen Kursverlust von ca. 20 % gewärtigen.

Nur wenig besser erging es Verbund aus Österreich und Enel aus Italien. Selbst der Hamburger Alternativstromerzeuger ENCAVIS kann sich nur aufgrund eines Übernahmeangebotes kapitalstarker Amerikaner (KKR) verbessern.

Die Flaute lässt sich vor allem mit gesunkenen Strompreisen erklären, wiewohl auch angestiegene Zinsen den traditionell verschuldeten Versorgern zugesetzt haben. In den zurückliegenden Monaten und Jahren haben die Strompreise erratische Ausschläge an den Tag gelegt. Der Ukraine-Krieg ließ die Preise für Elektrizität im Jahr 2021 um ca. 150 % steigen und verschaffte den meisten Energieversorgern einen Prachtjahrgang. Hinzu kam, dass alte abgeschriebene Kohlekraftwerke wiederbelebt wurden und bestehende Atomkraftwerke länger am Netz bleiben durften und somit für hohe Zahlungsströme sorgten. Zugleich verteuerte sich der Kurs für Erdgas enorm, so dass die auf Erdgas basierende Stromerzeugung katapultartige Preissteigerungen erlebte und auch Insolvenzgefahren heraufbeschwor (z.B. Uniper).

Inzwischen haben sich die Kursexzesse für Erdgas und Strom beruhigt, so dass die Energieversorger ihre Strompreise senken konnten. Bei Erdgas ist sogar eine veritable Baisse ausgebrochen, jedenfalls in den Vereinigten Staaten. Dort gaben die Erdgasnotierung trotz eines Exportbooms im Jahr 2024 bislang um ungefähr 25 % nach, während die europäischen Gaspreise aufgrund der strukturellen Importnotwendigkeiten wesentlich höher notieren.

Viel geringer fiel bislang die Entlastung auf der Zinsseite für Versorger aus. Während die rasche Zinswende der Notenbanken in den Vereinigten Staaten und Europa für deutlich höhere Refinanzierungssätze sorgte, haben sich die Zinssenkungshoffnungen der letzten Monate bislang noch nicht materialisiert. Angesichts der staatlich gewünschten Investitionen in neue Stromerzeugungskapazität bleibt dies für die Energieversorger ein schwieriges Terrain. Da auf dem Energiemarkt wenig Planungssicherheit und enorme Bürokratie gegeben ist, bedarf es mittlerweile großer staatlicher Lenkungseingriffe, um Versorgung und Stabilität der Netze sicherzustellen. Das ist kapitalintensiv und geschieht auf der Basis der Annahme, dass der Stromverbrauch ungeachtet der Deindustrialisierung in Deutschland in den kommenden Jahren ganz erheblich ansteigen wird. Dazu trägt nicht nur die staatlich gewünschte Verbreitung von Elektrofahrzeugen und -heizungen bei, sondern auch das Internet, welches durch die neuen Entwicklungen in der Künstlichen Intelligenz gigantische Strommengen für seine Datencenter benötigt. Für die USA gehen Experten davon aus, dass im Jahr 2030 ca. ein Viertel der produzierten Elektrizität für Datencenter benötigt wird.

Völlig anders erging es in den letzten Monaten übrigens japanischen Versorgungsunternehmen. In Nippon, wo der pragmatisch denkende Staat auf eine diversifizierte Flotte an Stromerzeugungstechniken setzt, konnten etwa die Gasversorger Tokyo Gas und Osaka Gas deutlich höhere Börsenkurse beobachten. Wesentlich besser noch lief es bei Tokyo Electric Power (TEPCO), wo der Kurs in den letzten zwölf Monaten um mehr als 100 % zulegte.


Aus Chicago

Ihr

Dr. Christoph Bruns