Zeitgleich mit der großen Wende an den Bondmärkten erlebt Europa wieder einen Krieg. In Jahrzehnten gewachsene Gewissheiten werden nun rasch infrage gestellt. Zu neuer Prominenz gerät das Thema Versorgungssicherheit und Energiepolitik. Die hektische Betriebsamkeit der Ampel-Regierung deutet die Panik an, die hinter den Kulissen herrschen dürfte. Die Verstaatlichung des Energiesektors gewinnt an Fahrt. Angesichts der elementaren Bedrohungen verlieren Luxus-Themen derweil an Bedeutung. Die Politiker ahnen, dass Versorgungssicherheit zu einem zentralen Plot künftiger Wahlen werden kann. Dabei ist es mit Versorgungssicherheit allein nicht getan, sie muss auch noch zu erschwinglichen Preisen erhältlich sein. Daher spricht heute manches dafür, dass die gesamte Energiepolitik der letzten Jahrzehnte von Grund auf neu durchdacht werden muss. Empfehlenswert wäre das genaue Studium dessen, was andere Länder auf diesem Gebiet tun. Die selbstverliebte Ignoranz der deutschen Politik gegenüber den Ansätzen Japans, der USA, der Schweiz, Großbritanniens und Frankreichs hat jedenfalls zu dem gegenwärtigen Desaster gehörig beigetragen.
Erschwert wird die Situation zusätzlich durch die ungünstige demographische Entwicklung in Deutschland. Am Arbeitsmarkt kann man mittlerweile täglich ablesen, dass es an vielen Ecken und Enden an geeigneten Arbeitskräften fehlt. Die in Gang gekommene Lohn-Preis-Spirale wird dadurch weiter befeuert. Forderungen der Gewerkschaften nach vollem Inflationsausgleich durch Tariflohnerhöhungen werden lauter. Freilich kann man den Wegfall der Arbeitslosigkeit als segensreichen Fortschritt sehen. Generationen von Politikern haben sich an der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit abgearbeitet.
Die Tendenz zur Vollbeschäftigung bringt neue Chancen mit sich. Je mehr Menschen in Lohn und Brot stehen, desto stärker werden die Sozialsysteme entlastet und die Wirtschaft sieht sich steigendem verfügbaren Einkommen gegenüber. Daher ist es von herausragender Bedeutung, dass die Einkommen nicht durch die Inflation entwertet werden. Vielleicht wäre die Bundesregierung gut beraten, durch eine beherzte Mehrwertsteuersenkung dieser Gefahr wirksam und ohne große Bürokratie zu begegnen.
Auch für die Aktienmärkte sind die Aussichten keineswegs so negativ, wie es die makroökonomische Lage nahezulegen scheint. Dabei muss auch bedacht werden, dass die meisten Aktien inzwischen zwanzig Prozent günstiger zu haben sind als noch zu Jahresanfang. Einstellige Kurs-Gewinn-Verhältnisse werden zur Norm und die Broker senken ihre Kursziele auf breiter Front. Es bleibt aber unverändert wahr, dass Börsenbaissen in der Hausse geboren werden. Ebenso richtig ist auch, dass der Keim zu einem Börsenaufschwung im um sich greifenden Pessimismus reift. Dementsprechend lässt sich das Fondsmanagement der LOYS AG nicht von dem Schwall negativer volkswirtschaftlicher Stimmungen irre machen. Wir investieren in einzelne Unternehmen, nicht in Staaten. Gerade dann, wenn die Bilanzen sauber, die Marktposition gefestigt, der Vorstand aktionärsorientiert und die Bewertung attraktiv ist, wollen wir die langfristigen Perspektiven nicht aus dem Blick verlieren.
Ihre
Fondsmanager und Mitinvestoren
Dr. Christoph Bruns Ufuk Boydak
Chicago, Frankfurt a.M. am 30.06.2022